von Karl–Heinz Hentschel

 

Die im Scheitelpunkt alter Torbögen eingefügten Schlußsteine geben mit Ihren Zeichen und Symbolen Hinweise auf die Erbauer oder die früheren Besitzer der Häuser. Diese in Stein gehauenen Visitenkarten vergangener Jahrhunderte sind of wahre Kunstwerke, die lange vor den Hausnummern die Häuser kenntlich machten.

 

Die heute so selbstverständliche Hausnummerierung gab es erstmals im Jahre 1750 in Frankfurt am Main. Die französische Besatzung befahl sie, weil eine große Zahl ihrer Soldaten bei Bürgern der Stadt einquartiert war. Die Nummernfolgen richteten sich damals nicht nach den Straßen, die ohnedies nicht immer einen Namen hatten. Eine dieser früheren Hausnummern, das Haus Nr. 4711 in der Glockengasse zu Köln, wurde später sogar zum weltweit bekannten Markenzeichen.

 

In alter Zeit waren Hausnamen und daneben vielgestaltige Haus- und Hofzeichen üblich. Die einstigen, oft den Steinmetzzeichen ähnlichen Hauszeichen könnten vielleicht auf das Runenalphabet zurückgehen. Jahrhunderte stellten sie die Verbindung zwischen einer Sache und einer Person her. Diese Marken ersetzten als Persönlichkeitszeichen häufig den Namen und fanden sich als Besitz- und Eigentumszeichen an Geräten und Fahrzeugen.

 

Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts begegnen sie uns in Protokollen an Stelle einer Unterschrift. In unserem Raum sind sie an Häusern nur noch selten anzutreffen. Dies mag mit der Vernichtung vieler rechtsrheinischer Städte und Ortschaften im Jahre 1689 zusammenhängen. Die Mehrzahl der hier erfassten Zeichen gehen deshalb auf den Wiederaufbau im 18. Jahrhundert zurück.

 

Frühe Belege für die Hausnamen finden wir in Urkunden des 12. Jahrhunderts. Diese Häuser erhielten in der ersten Phase überwiegend an Bäumen angebundene Namen. Überliefert sind „zum hohen Boume“, „zu den Wyden“, „zum Kirschboume“, „zum Holunderboume“ und „zum Appelboume“. Es folgten Hausnamen, die sich auf den Beruf des Besitzers, auf Gegenstände oder auf Tiere bezogen. Diese einmal weit verbreiteten Hausnamen blieben zuletzt nur noch den Wirtshäusern vorbehalten.

 

Sicher gab es vor Jahrhunderten auch in Durlach Hausnamen an bürgerlichen Häusern, die dann der Zerstörung der Stadt 1689 zum Opfer fielen. In den Städten mit erhaltener mittelalterlicher Bausubstanz blieben die Namen teilweise erhalten und wurden, um die Tradition zu wahren, stets erneuert. Die Städte Freiburg und Konstanz sind dafür beispielhaft.

 

In Weingarten/Baden ist an einem wieder verwendeten Sandsteinblock in alter Schreibweise die Inschrift „3 BACZEN“ zu lesen. Der Stein wurde über einer Lichtnische in einem Nebengebäude des Anwesens Friedrich-Wilhelm-Straße entdeckt. Der Schlußstein dieses Gebäudes lässt erkennen, dass es 1795 ein Küfer erbaute. Der Hausname „3 BACZEN“ befand sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts vielleicht über der Eingangstüre eines der um 1689 zerstörten Häuser. Der dem Brandschutt entnommene Stein hat dann über der Lichtnische einen neuen Platz bekommen. Es dürfte sich um den ältesten noch erhaltenen Hausnamen in Nordbaden halten.

 

Änderungen der Hausnamen führten in alten Zeit nicht selten zu rechtlichen Schwierigkeiten, denn es war üblich, Verträge über den Hausnamen abzuschließen. Nach einer Bestimmung der Stadt Köln im Jahre 1437 musste jede Hausnamensänderung in die Lagebücher eingetragen werden und der alte Name neben dem neuen am Hause verbleiben.

 

Im 14. und 15. Jahrhundert erhielten einzelne Ratsmitglieder die Wappenberechtigung. Einige der Herren folgten sicher dem Beispiel der Patrizier und brachten den Wappenschild an ihrem Haus an. Die dafür bevorzugten Plätze waren die Eckpfeiler der Fachwerkhäuser, die Türstürze und die Schlußsteine an den Torbögen. In der Folgezeit setzten sich wappenähnliche Embleme auch an den Bürgerhäusern durch. An die Stelle der heraldischen Elemente traten Hauszeichen, Monogramme, Familiennamen, Jahreszahlen, Abwehrsymbole, Handwerkszeichen und christliche Sinnbilder. Die Mehrzahl solcher Zeichen sind noch an den Schlussteinen älterer Häuser zu finden.

 

Bei den Handwerkszeichen an diesen Steinen ist die Anlehnung an die jeweiligen Zunftzeichen unverkennbar. Handwerkszeichen an Schlußsteinen waren die erste bildhafte Werbung für das eigene Handwerk. Sie zeigten gleichzeitig an, zu welcher Zunft der Meister gehörte. Neben künstlerisch wertvollen Arbeiten sind zuweilen verfremdete oder stark vereinfachte Darstellungen anzutreffen. Gelegentlich vorkommende längere Inschriften mit religiösen, aber auch weltlichen Texten erlauben Rückschlüsse auf die Geisteshaltung der früheren Auftraggeber.

 

Es gilt die heute noch vorhandenen Zunftzeichen, Marken und Inschriften zu schützen, zu bewahren und wenn nötig sachkundig zu renovieren. Vielleicht kann diese Arbeit dazu beitragen.

 

 

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